24h Rennen am Nürburgring - mein Wochenende im Zeichen der Burg

24h Rennen am Nürburgring.... Dieses legendäre Ereignis liegt wieder einmal hinter uns und ist kaum in Worte zu fassen. Unfassbar! Irre! Rasant! Spanned! Phantastisch! Ergreifend! Und lehrreich...
Lehrreich für viele und besonders für mich. Wieso? Das erfahrt Ihr hier:

24h Rennen am Nürburgring - meine Highlights und Erkenntnisse von DEM Rennwochenende 
am Ring
Jeder in der Region kennt den Eifelklassiker, zumindest dem Namen nach, denn die 24h am Ring sind seit 1970 Legende und Top-Termin im Kalender Hunderttausender. So steht der Termin natürlich auch ganz dick in meinem Kalender, denn es gibt es nun mal kein Pardon wenn der Ring ruft....

1. Erkenntnis: Es kommt immer anders als man denkt!
Nachdem ich den 4fach Sieg von Mercedes aus dem vergangenen Jahr mehr oder weniger verdaut hatte, konnte es also frischen Mutes in die Eifel gehen. Seit Wochen freue ich mich auf diese Tage im Schatten der Burg und hatte mich entsprechend vorbereitet... Als Eifelkenner beobachtet man natürlich die Wetterberichte lediglich am Rande, auch wenn die da was von Hitze, Sonne und Sommerwetter faseln. Alles Quatsch! Schließlich gibt es die unumstößliche Eifel-Gewissheit: "Kannst Du die Nürburg nicht sehen, ist schlecht Wetter. Kannst Du die Nürburg sehen, kommt schlecht Wetter." Das reicht mir seit Jahren, denn ich stand schon im Juni mit Platteau-Stiefeln, Pullover, Softshelljacke und Daunen-Weste im Grid und war bestens angezogen.
Doch die Eifel überrascht! Petrus hat offenbar ein Einsehen, oder den falschen Eintrag im Kalender stehen, denn statt Daunenweste war Sonnencreme angesagt.
Na gut, dann eben Sommer. Muß ja auch mal sein! Mein Bekleidungsplan war gesprengt, doch nach Verzögerungen in der Garderobe ging es dann mit Hut, T-Shirt und Speedcat-Sneaker gerüstet endlich los. Natürlich nicht ohne Stopp im Supermarkt in aller Herrgottsfrühe, denn aus dem Fahrerlager erreichte uns ein Hilferuf nach Wasser in kleinen Flaschen und Taschentüchern! Ja Taschentücher, dabei gab es noch gar keinen Ausfall zu beklagen. Also noch schnell shoppen, dann endlich ab durchs Ahrtal zum Ring.

Erkenntnis #2: Gäste-Tickets sind toll, doch ein Königreich für einen Parkschein! 
Meine Streberfreunde waren bereits am Ring angekommen, eine ganze Stunde zu früh und ohne Tickets oder Parkschein. Das hat man davon, wenn man sich von meinem Rennfieber anstecken läßt ;-)
Wer sehr früh am Samstag Morgen anreist kommt noch ohne Stau an, verpasst aber "leider" die Durchsagen der Verkehrswacht, mit den immer wiederkehrenden Aufforderungen die Bundesstraße spätestens am Kreisel vor dem alten Fahrerlager zu verlassen um auf D7 (oder so) zu parken, da keine anderen Parkplätze mehr frei seien. Früh am Morgen sind diese anderen Parkplätze zwar auch nicht frei, aber die Ansagen fehlen einem irgendwie... Wie ein Freund zu sagen wußte: "Ich weiß zwar weder wo D7 noch wo B2 ist, aber B2 klingt irgendwie besser..."
Endlich geparkt, die Truppe eingehascht und die Tickets in Empfang genommen, konnte ich endlich wieder einmal in meinem vormalig natürlichen Lebensraum eintauchen.
Versorgt mit dem neuesten Klatsch aus der Szene, ließen wir die Atmosphäre im Fahrerlager so richtig Besitz von uns ergreifen. Der Klang von Schlagschraubern in den gut gefüllten Boxen, die Geräusche von Reifen die auf Felgen gezogen werden, Motorensound zwischen 4 Zylinder-CupAuto und SP9- GT3 - endlich Ring-Feeling! Wir streiften durch das Fahrerlager, trafen Legenden auf 2 Beinen und 4 Rädern, einmal Frikadelli-Porsche streicheln, das mitgebrachte Voodoo-Hühnchen vor der Mercedes-Box schlachten... - nein Quatsch, dafür darf kein Hühnchen sein Leben lassen müssen.
 

Ein Platz im Schatten auf der lauschigen Terrasse bei Mercedes, mit Blick auf die Ausfahrt Nordschleife bot eine kleine ruhige Insel in dem ganze Trubel, mit der 3. Erkenntnis: Mercedes ist gar nicht soooo übel....Naja, jedenfalls wenn sie "uns" nicht die Aussicht auf den Gesamtsieg zuparken....
Im Handumdrehen war es bereits früher Nachmittag und die Startgruppen versammelten sich im Grid. Wir ließen uns durch die Startaufstellung treiben, auf dem Weg zur Pole, besetzt vom Auto von Traum Motorsport, dem SCG003C. Alles wie immer, nur mit Sonne: Hektisches Treiben, geschäftige Mechaniker, wachsame Marshals, strahlende Grid Girls, freudig-aufgeregte Fahrer, euphorische Fans. Beim ROWE M6 GT3 ergab sich ein kurzes Gespräch mit dem Startfahrer. Ich wünsche ihm viel Glück, gutes Durchkommen, hoffe das seine Crew von Unfällen und Defekten verschont bleibt und ich von einem neuerlichen MB-4-fach-Triumph. Ganz klar: Ich drücke in erster Linie BMW die Daumen. Doch im Nachhinein ereilt mich Erkenntnis Nummer 4: Ich hätte präziser sein müssen und deutlich machen sollen das ich auch den Ingolstädtern den Platz an der Sonne nicht gönne und der BMW am Ende als erster die Ziellinie überqueren sollte... Das sollte sich später noch rächen...

Der Grid wird geräumt und alle die keinen Platz im Cockpit haben eilen auf ihre Plätze um den Start zu sehen. Auch ich kann das Procedere von einer Terrasse aus beobachten und bin wieder einmal ergriffen von diesem Spektakel: 170 Fahrzeuge auf der Nordschleife, Kleinwagen neben Traumsportwagen, Vollprofis neben erfahrenen Amateurrennfahrern, Grillparty neben der Piste zum härtesten Rennen der Welt! All das zusammen ergibt diese unglaubliche Stimmung, die es nur am Nürburgring gibt, beim Rennen rund um die Uhr.
Die 1. Startgruppe kommt aus der Schikane Hohenrain zurück auf den GP-Kurs. Ampel aus, Start ist freigegeben. Das Getöse kann man sich nicht vorstellen, wenn man es nicht erlebt hat! Die GT3 Boliden sämtlicher Hersteller donnern die Start-Ziel-Gerade runter auf die Mercedes-Arena zu, 1. Kurve und dann gibt es kein Halten mehr für die nächsten 24 Stunden. Wir blicken auf das Schumacher-S und die Ausfahrt zur Nordschleife, sehen das Feld zum ersten Mal im Renntrim in die Grüne Hölle einbiegen. Gänsehaut pur!

Das Feld sortiert sich und alle Teams versuchen ihr Programm abzuspulen - soweit das hier überhaupt möglich ist. #Racingislife und so passiert im Getümmel was eben dazugehört: Ausfälle, Abflüge und kleinere Gemetzel. Top-Favoriten sind auf einmal raus, wegen Kleinigkeiten oder wegen Regelverstößen oder wegen Missverständnissen, wie zum Beispiel der Manta.... Ja, DER Manta, der nur mit Sondergenehmigung mitfahren darf und zum Rennen gehört wie sämtliches Inventar und Brünnchen, Karussell oder Schwalbenschwanz zusammen. Kurz touchieren sich der Manta und ein Ferrari im Renngeschehen, doch letztlich bedeutet das das Aus für den Manta und für den Involvierten Italo-Sportwagen die Erkenntnis #5: Selbst wenn von 203.000 Zuschauern an der Strecke vielleicht 200.000 Opel als Marke eher so "geht so" finden, bekommt man trotzdem von 206.000 Haue wenn man DEN Manta abräumt. Oder auch nur irgendwie dan der Misere beteiligt war...

Zwischen all dem was da draußen passiert liegt Tag und Nacht, Rennglück und Grande Misere, Boxenstop und Code60, Feuerwerk und Party-Zone - alles wie immer eben. Nur trocken, heiß und sommerlich.Als die Sonne wieder aufgeht hat sich das Feld deutlich dezimiert. Material oder Mensch hat den Dienst quittiert oder durch kurze Unachtsamkeit quittieren müssen. Übrig sind die die mit Glück und Können im, am und ums Auto herum soweit gekommen sind. Audi liegt noch immer in Front, gleich mit 2 Autos. Ich erinnere mich an meinen kleinen Schwatz im Grid... Hätte ich mich mal konkreter ausgedrückt am Vortag.... ROWE und Schnitzer mit den beiden BMWs auf 3 und 4 versuchen ihr Möglichstes, doch es gibt keinen Weg mehr nach vorn...
Es ist erst vorbei, wenns vorbei ist! Erkenntnis #6.
Alle Weiß-Blauen finden sich so langsam mit P3 und P4 ab. Jaja, es könnte schlimmer kommen, der Ring hat seine eigenen Gesetze, hier ist jeder ein Sieger der das Ziel sieht....Alles richtig, doch wir hätten den Sieg auch wieder mal verdient! Doch immer wenn man denkt, der Ring sei besiegt, zeigt die Grüne Hölle wer hier der Herr im Hause ist. Hier gewinnst Du nicht aus eigener Kraft, hier läßt Dich der Ring gewinnen. Vielleicht. Irgendwann mal.
Und wie auf Ansage fängt es 30 Minuten vor Schluß an zu regnen! Ich glaubs nicht!!! Regen! Und wie. Auf Teilen der Nordschleife steht das Wasser nur so auf dem Asphalt. Unfahrbar auf Slicks. Der führende Audi kommt an die Box, Splash&Dash und fährt auf SLICKS wieder raus! Man glaubt bei Audi offenbar das das nur eine Husche ist und der größere Teil der Strecke trocken ist und bleibt. Der 2. Audi kommt an die Box und ROWE entscheidet den BMW mit der #98 noch eine Runde auf Slicks draußen zu lassen. Spannend bis zum umfallen!
Die Audi-Mannschaft in der Box macht eine Fehler bei der Abfertigung des Autos und reißt durch zu frühes losfahren den Tankrüssel ab, der noch im Tank steckte. Vorbei! Aus! Eigentlich ist das so... Doch hier sind wir am Nürburgring... Der Stopp dauert also zu lange, ewig geradezu. Was bleibt ihnen übrig?! Land Motorsport nutzt diesen eh schon versemmelten Stopp und zieht doch noch Regenreifen auf. Während dessen auf der Strecke: Noch mehr Wasser, keine Chance für die Slicks. Der führende Audi und der nun 2. BMW hadern mit den Bedingungen und schleichen um den Kurs. Wenn jetzt Schluß wäre... Ist es aber nicht! Da hilft auch kein Stoßgebet, die Uhr zeigt noch über 13 Minuten.... DIE Chance für den gestrandeten Audi in der Box. Endlich wetterfest bereift feuert Kelvin Van der Linde hinterher. Noch ein Runde. Die beiden auf 1 und 2 rangierenden Autos müssen die Räder wechseln und kommen kurz hintereinander in die Box. Regenreifen drauf und raus. Audi schafft den Absprung vor dem BMW. Doch der läßt nicht locker und hat ganz sicher noch nicht aufgesteckt, denn wenn die Nummer jetzt so abgewunken wird, sind "wir" wieder "nur" 3. Also PUSH, alles raus was geht. Und da draußen geht nur manchmal was, zumal bei diesen Bedingungen....
Auf einmal steht die Tür doch auf und Nick Catsburg findet den Weg am Audi vorbei. Und dann steht schon der Marshal mit der schwarz-weiß-karierten Flagge auf der Bahn: Audi #29 gewinnt vor BMW #98 und Audi #9 die 24h am Nürburgring 2017.
Flitter, Jubel, Siegerehrung und 3 Teams auf dem Podium verkünden im überbordenden Jubel "Wir reißen heute Abend die Hospi ab, die muß morgen gar nicht mehr abgebaut werden" - O-Ton Land-Motorsport. Party all Night, bis am Montag Morgen alles vom Hof reitet, um sich pünktlich 2018 wieder am Ring zu versammeln, bei der Hatz um die Uhr , in der legendärsten, härtesten und grünsten Motorsport-Hölle der Welt.

Fotos: CityLights BN, 24 Stunden Nürburgring 2017, Nürburgring-Nordschleife - Foto: Gruppe C Photography


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